Existenz von Frauenhäusern zur Pflichtaufgabe erklären

Die CDU-Gemeinderatsfraktion Karlsruhe beantragt:

• Die Stadtverwaltung setzt sich mit aller Kraft auf Landes- oder Bundesebene dafür ein, dass entsprechende landes- bzw. bundesgesetzliche Regelungen getroffen werden, um die Existenz von Frauenhäusern bei auskömmlicher Finanzierung zur gesetzlichen Pflichtaufgabe zu erklären.

Sachverhalt/Begründung

Wenn Frauen Opfer von Gewalt werden, finden sie unter anderem auch Zuflucht in einem Frauenhaus. Allerdings ist es in ganz Deutschland noch so geregelt, dass kein rechtlich bindender Anspruch auf Schutz existiert. Das bedeutet, dass der Betrieb von Frauenhäusern (z.B. die Kosten für Unterbringung, psychosoziale Betreuung, Prävention, Intervention, Nachsorge usw.) lediglich eine freiwillige Leistung darstellt, die in Baden-Württemberg in Teilen von den Kommunen und vom Land finanziert wird:

So handelt die Kommune mit den Trägern von Frauenhäusern etwa die Entgelte für die Kosten der Unterkunft aus. Demgegenüber übernimmt das Land laut „Verwaltungsvorschrift Frauen- und Kinderschutzhäuser vom 26. Mai 2020“ Investitionskosten in Höhe von maximal 80 Prozent für alle Kosten, die außerhalb vom reinen Betrieb der Frauenhäuser anfallen (z.B. Maßnahmen der Prävention, Krisenintervention, Nachsorge). Die Kosten für die psychosoziale Betreuung werden über die Leistungen gemäß SGB II übernommen, sofern die Voraussetzungen nach SGB XII erfüllt sind. Viele hilfesuchenden Frauen erfüllen diese Voraussetzungen jedoch nicht, weil sie studieren, einer Ausbildung nachgehen oder ein eigenes Einkommen haben. Außerdem sind Rentnerinnen, EU-Bürgerinnen mit ungesichertem Aufenthalt, Asylbewerberinnen, Bezieherinnen von ALG I und auch „Aufstockerinnen“ derzeit nicht leistungsberechtigt. Die Kostenübernahme für diese Frauen ist nicht geregelt, was in Finanzierungsausfällen für die Frauenhäuser, langwierigen Verhandlungen mit den Kostenträgern oder der vorzeitigen Entlassung von Frauen und ihren Kindern mündet. Nicht zuletzt kommt es in Baden-Württemberg vor, dass Frauen oftmals ihre Leistungsberechtigung verlieren, wenn sie – um etwa aus ihrem gewaltbehafteten Kontext zu fliehen, oder weil es in ihrem Wohnort keine Einrichtung gibt – ein Frauenhaus aufsuchen, das in einem anderen Stadt- oder Landkreis liegt, da die Höhe der Bezuschussung von Frauenhäusern durch die Leistungsträger überall unterschiedlich geregelt ist.

Dieser Flickenteppich-Zustand ist unbefriedigend und steht im starken Widerspruch zum Menschenrechtsvertrag der „Istanbul-Konvention“, die am 1. Februar 2018 in Deutschland in Kraft getreten ist und Bund, Länder und Kommunen klar dazu auffordert und verpflichtet, die europaweit vereinbarten Vorgaben zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt einzuhalten und umzusetzen. Damit einher geht etwa auch die Sicherstellung der Finanzierung, die in Artikel 8 der Istanbul-Konvention geregelt ist:

„Die Vertragsparteien stellen angemessene finanzielle und personelle Mittel bereit für die geeignete Umsetzung von ineinandergreifenden politischen und sonstigen Maßnahmen sowie Programmen zur Verhütung und Bekämpfung aller in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt, einschließlich der von nichtstaatlichen Organisationen und der Zivilgesellschaft durchgeführten.“ (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, Istanbul 2011, S. 7)

Wir sind der festen Überzeugung, dass die Existenz von Frauenhäusern nicht länger nur eine freiwillige Leistung sein darf, die vom politischen Willen oder der finanziellen Stärke der jeweiligen Kommune abhängig ist. Der Betrieb von Frauenhäusern sollte unter allen Umständen sichergestellt sein und muss finanziell auf einem soliden Fundament stehen. Diese Auffassung teilt auch die Bundesregierung und hat sich die Sicherstellung einer geregelten und rechtlich bindenden Finanzierung von Frauenhäusern in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen:

„Wir werden das Recht auf Schutz vor Gewalt für jede Frau und ihre Kinder absichern und einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern sicherstellen. (...) Der Bund beteiligt sich an der Regelfinanzierung.“ (Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, Mehr Fortschritt wagen, Berlin 2021, S. 115)

Wir befürworten das Vorhaben der Bundesregierung ausdrücklich und sprechen uns dafür aus, dass diesen Worten Taten folgen. Insofern beantragen wir, dass die Stadtverwaltung mit der Landesregierung in Kontakt tritt, um selbst initiativ zu werden oder um auf der Ebene des Bundesrats für den in Aussicht gestellten bundeseinheitlichen Rechtsrahmen zu werben. Unser gemeinsames Ziel muss sein, dass Frauen, die Opfer von Gewalt werden, einen Rechtsanspruch auf Schutz erhalten. Deswegen regen wir an, dass sich die Stadtverwaltung mit aller Kraft auf Bundes- und Landesebene dafür einsetzt, damit entsprechende landes- bzw. bundesgesetzliche Regelungen mit einer auskömmlichen Finanzierung geschaffen werden.

Unterzeichnet von:
Stadtrat Detlef Hofmann
Stadträtin Dr. Rahsan Dogan
Stadträtin Bettina Meier-Augenstein
Stadtrat Dr. Thomas Müller
sowie CDU-Gemeinderatsfraktion