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Änderungsantrag: Weiterentwicklung Karlstraße auf Basis des Reallabors

Die CDU-Gemeinderatsfraktion Karlsruhe beantragt:

  1. Die Stadtverwaltung beantwortet den im Sachverhalt abgedruckten Fragenkatalog sowie alle darin aufgeführten Fragen schriftlich.
  2. Bis zur schriftlichen Vorlage der Antworten aller Fragen wird der Tagesordnungspunkt vertagt. Von der Tagesordnung des Hauptausschusses am 11. Juli 2023 sowie des Gemeinderats am 18. Juli 2023 wird der Tagesordnungspunkt abgesetzt.

Sachverhalt/Begründung

Als CDU-Fraktion stehen wir dem städtischen Vorhaben zur maßvollen Umgestaltung der nördlichen Karlstraße zugunsten der Aufenthaltsqualität in der ganzen Innenstadt weiterhin offen gegenüber. Mit hohen Erwartungen haben wir daher auch der Durchführung des Reallabors im Jahr 2022 zugestimmt und die Evaluationsergebnisse abgewartet.

Seit Kurzem stehen die Evaluationsergebnisse des Verkehrsversuchs der Öffentlichkeit zur Verfügung. Darauf folgende Rückmeldungen seitens der Anwohnerinnen und Anwohner, des Bürgervereins sowie der Gewerbetreibenden machen jedoch deutlich, dass viele Fragen unbeantwortet bleiben: so fehlt unter anderem ein übergeordnetes verkehrliches Gesamtkonzept, das Zufahrten zur Kaiserstraße unter Ausnahmen erlaubt sowie den Ausweichverkehr in anderen Bereichen der Innenstadt allgemeinverträglich regelt. Der allgemeine Verweis auf eine Rahmenplanung seitens des ÖRMI-Gemeinderatsbeschluss ist dabei nicht ausreichend.

Um für Klarheit in diesen und weiteren offenen Fragen zu sorgen, haben wir am 23. Juni 2023 mit der Bitte um Beantwortung einen Katalog mit 46 Fragen eingereicht. Da die Beantwortung wider unsere Erwartungen bis heute, am Tag der Beratung im Hauptausschuss, nicht erfolgt ist, beantragen wir die schriftliche Beantwortung untenstehender Fragen. Solange die offenen Fragen unbeantwortet bleiben, beantragen wir darüber hinaus die Vertagung des Tagesordnungspunktes und die Absetzung im Hauptausschuss am 11. Juli 2023 sowie im Gemeinderat am 18. Juli 2023.

A. Zur Verschiebung der oberirdischen Haltestelle Europaplatz in die Karlstraße:

  1. Inwiefern werden durch die geplante Verschiebung der oberirdischen Haltestelle im Straßenbild der Karlstraße sowie im gesamten innerstädtischen Verkehrsnetz unumkehrbare Bedingungen hergestellt?
  2. Welche konkreten Anforderungen an die Bahnsteigbreite existieren in der Karlstraße, die über die gesetzlichen Mindestbestimmungen von 2,0 m (§ 31 (5) BOStrab) ab Bahnsteigkante hinausgehen?
  3. Auf welcher konkreten Grundlage basiert die in der Beschlussvorlage gewählte Aussage, es müsse eine „erforderliche“ Bahnsteigbreite von 3,50 Meter hergestellt werden?
  4. Ist eine Novellierung baulicher Anforderungen bezüglich der Barrierefreiheit in der Fortschreibung des Nahverkehrsplans 2014 vorgesehen und werden darin Anforderungen an die Bahnsteigbreite aufgenommen? Werden diese rückwirkend für das vorliegende Planfeststellungsverfahren gelten?
  5. Welche planerischen Alternativen hinsichtlich einer Verschiebung/Beibehaltung der Haltestelle ergeben sich durch die Einhaltung der gesetzlichen Mindestbreite für Bahnsteige? Welche Konsequenzen für die Anlage der Haltestelle ergeben sich durch eine Bahnsteigbreite von 2,5 oder 3,0 Meter?
  6. Ab welcher Bahnsteigbreite ist eine Beibehaltung der Haltestelle am Europaplatz möglich?
  7. Welche weiträumigen städtebaulichen und verkehrlichen Auswirkungen und Einschränkungen sprechen derzeit gegen eine barrierefreie Haltestelle am bisherigen Standort (Europaplatz)?
  8. Inwiefern existieren alternative Planungen zu einer Gestaltung des Europaplatzes mit einer barrierefreien oder barrierearmen Haltestelle am bisherigen Standort?
  9. Welche Gründe sprechen für eine Beibehaltung mit Umbau der bisherigen Haltestelle (Karlstraße)? Unter welchen Umständen kann dies gelingen?
  10. Über welche Ausweichstrecke werden Straßenbahnen im Störfall des Stadtbahntunnels während der Bauarbeiten zur Verschiebung der Haltestelle umgeleitet?
  11. Aus welchen planerischen Gründen ist im Unterschied zur jetzigen baulichen Situation eine Umwidmung zur Fußgängerzone für den Bereich zwischen Postgalerie und Bahnsteig der Haltestelle Karlstraße (südlich Fahrtrichtung) notwendig? Wie begründet sich die geplante Verbreiterung dieses Streifens von 2,8 auf 4,3 Meter?
  12. Kann dieser Fußgängerzonen-Streifen zugunsten eines 3,5 Meter breiten Bahnsteigs schmaler ausgeführt werden, damit die Haltestelle von der Straßenmitte abrückt?
  13. Wieso war der mögliche Standort der neuen Haltestelle (Karlstraße) nicht Teil des Reallabors, sondern wurde als Fläche während des Verkehrsversuchs unter anderem als Fahrradspur in beide Fahrtrichtungen genutzt?

B. Zur Teileinziehung der Karlstraße zwischen Amalien- und Stephanienstraße

  1. Wieso soll der formale Beschluss zur Einleitung der Teileinziehung der Karlstraße zwischen Amalien- und Stephanienstraße herbeigeführt werden, noch bevor ein übergeordnetes verkehrliches Gesamtkonzept – das vom Bürgerverein eingefordert wird – (z.B. zu Ausweichverkehr, Zufahrtsregelungen, Sondernutzungen) erarbeitet, erprobt und umgesetzt wurde?
  2. Soll in der Karlstraße eine Reduktion des Autoverkehrs oder eine grundsätzliche Autofreiheit hergestellt werden?
  3. Wird dem Gemeinderat noch vor der Beschlussfassung eine graphische Darstellung zur möglichen zukünftigen Gestaltung der teileingezogenen Karlstraße zur Verfügung gestellt?
  4. Welche Auswirkungen hinsichtlich der Aufenthaltsqualität hat der errechnete Mehrverkehr in der Amalienstraße bei einer Teileinziehung der Karlstraße? Wurden diesbezüglich die Anwohnerinnen und Anwohner befragt?
  5. Welche Zufahrtsmöglichkeiten für den Autoverkehr ergeben sich durch die mögliche Verschiebung der Haltestelle Karlstraße?
  6. Wie wird der Zugang zur Kaiserstraße über die nördliche Karlstraße für mobilitätseingeschränkte Menschen künftig sichergestellt?
  7. Wie wird der Zugang zur Kaiserstraße über die nördliche Kaiserstraße für den Lieferverkehr, für Krankentransporte oder die Erreichung privater Stellplätze künftig sichergestellt?
  8. Wie sollen die vier Parkstände kompensiert werden? Über welche Parkplätze für mobilitätseingeschränkte Menschen werden die umliegenden Arztpraxen künftig erreichbar sein?
  9. Wie sollen die Parkstände für die Taxi-Unternehmen kompensiert werden?
  10. Wie soll widerrechtlich einfahrender Autoverkehr in der nördlichen Karlstraße künftig unterbunden bzw. geahndet werden?
  11. Welche Konsequenzen werden aus der mehrheitlichen Rückmeldung der Gewerbetreibenden gezogen, wonach sich die Erreichbarkeit ihres Gewerbes durch die Bedingungen des Reallabors deutlich verschlechtert habe?
  12. An welcher Stelle soll die zusätzliche Fahrradspur in südlicher Fahrtrichtung eingerichtet werden?
  13. Inwiefern soll der Radverkehr die Amalienstraße via Stephansplatz künftig entgegen der Fahrtrichtung befahren, um anschließend wieder in die südliche Karlstraße einzubiegen?
  14. Welche planerischen Schlussfolgerungen können aus dem Evaluationsergebnis gezogen werden, dass sich laut „Feedback-Tafeln“ während des Reallabors eine Verschlechterung der Querungsmöglichkeit zwischen Waldstraße und Stephansplatz eingestellt hat?
  15. Welche ordnungsrechtlichen Maßnahmen sind bezüglich der Verkehrssicherheit zwischen möglichem neuem Bahnsteig (Karlstraße) und Fußgängerzone geplant, um Fußgängerinnen und Fußgänger auf die zusätzliche Fahrradspur hinzuweisen? Wie kann ein Höchstmaß an Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer gewährleistet werden?
  16. Inwiefern verträgt sich eine Hauptroute für den Radverkehr in der Karlstraße mit dem Ziel der Umwidmung zu einer Fußgängerzone, in der Radverkehr laut den bundesweit geltenden „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ (ERA (R 2), Ausgabe 2009, 8.1) nur einen „Ausnahmefall“ darstellen sollte?
  17. Inwiefern erschwert eine weitere Fahrradspur in Richtung Süden die Zielversion des Reallabors, aus einem „Transitort“ einen „Begegnungsort“ (Vorlage-Nr. 2023/0386, S. 5) in der Karlstraße zu machen?
  18. Ist bei den Überlegungen zur Einrichtung einer Fußgängerzone in der Karlstraße auch eine planerische Alternative untersucht worden, bei der der Radverkehr zugunsten der Begegnungs- und Aufenthaltsqualität des Fußverkehrs komplett herausgenommen und umgeleitet wird?
  19. Soll es eine bauliche Trennung des Fuß- und Radverkehrs geben? Wie lassen sich die Fahrradspuren mit den ERA vereinbaren, wonach die „bauliche Anlage einer Fahrgasse für den Radverkehr, etwa im Hinblick auf hohe Dichten des Fußgängerverkehrs, (...) dann problematisch [ist], wenn sie einen Vorrang gegenüber dem Fußgängerverkehr suggerieren.“ (ERA (R 2), Ausgabe 2009, 8.1).
  20. Wurde der kalkulierte Mehrverkehr auf der Reinhold-Frank-Straße mit den Leistungsfähigkeitsuntersuchungen abgestimmt, die im Rahmen der neuen Querschnittsplanung (Vorlage-Nr. 2022/0048) angestellt werden sollen?
  21. Inwiefern werden die hinzukommenden verkehrlichen Kapazitäten aus der nördlichen Karlstraße auch von einem neuen Querschnitt der Reinhold-Frank-Straße „grundsätzlich aufnehmbar“ (Koehler & Leutwein, Erläuterungsbericht, Karlsruhe 2023, S. 11) sein? Werden die Querschnittsplanungen, die für Ende 2022 angekündigt waren, noch vor der gegebenenfalls beschlossenen Teileinziehung der Karlstraße vorgestellt?
  22. Über welche Nord-Süd-Ausweichstrecke wird der Autoverkehr bei einer Umgestaltung der Reinhold-Frank-Straße (Havariefall) umgeleitet?

C. Zum Evaluationsbericht „Projekt: Reallabor Karlstraße“

  1. Wie repräsentativ sind die Evaluationsergebnisse hinsichtlich der Karlsruher Gesamtbevölkerung gemessen an der Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer?
  2. Welche Position vertritt die Gruppe der Gewerbetreibenden „Karlsruher Köpfe“?
  3. Welche konkreten Modifizierungen an der Ausgestaltung des Reallabors wurden wie oft eingefordert?
  4. Wie hoch liegt der Anteil der Befragten, die den Modifizierungswunsch äußerten, die Karlstraße künftig komplett und ausnahmslos autofrei zu gestalten?
  5. Wie viele Personen haben sich an den einzelnen „Feedback-Tafeln“ im Straßenraum vor und in der Zeit des Reallabors beteiligt?
  6. Auf welcher wissenschaftlichen Grundlage basiert die Einschätzung, dass es sich bei den in kurzer Zeit abgegebenen besonders negativen Stimmabgaben bei den „Feedback-Tafeln“ um „Spaß oder Täuschungsmeldungen“ gehandelt hat? Wie viele dieser besonders negativen Stimmabgaben wurden per protokolliertem Zeitstempel erfasst? Wie viele besonders positive Stimmabgaben wurden erfasst?
  7. An wie viel Tagen lagen technische Probleme an den „Feedback-Tafeln“ vor?
  8. Welche Gründe haben dafür gesprochen, die PSPL-Erhebung in der Karlstraße während des Reallabors an drei Tagen, vor dem Reallabor jedoch nur an zwei Tagen durchzuführen, um Aussagen über die absolute Anzahl der verweilenden Passantinnen und Passanten zu tätigen? Welche Konsequenz hat diese Entscheidung hinsichtlich der Aussagekraft der PSPL-Erhebung?
  9. Wie viele Personen wurden bei der PSPL-Erhebung erfasst (jeweils vor und in der Zeit des Reallabors)?
  10. Haben die Videoaufnahmen während des Reallabors unter datenschutzkonformen Bedingungen stattgefunden? Wer wurde über die Durchführung von Videoaufnahmen informiert? Wurden die Aufnahmen anonymisiert?
  11. Wo und von wem können die Videoaufnahmen und deren Analyse eingesehen werden?

Unterzeichnet von:
Stadtrat Detlef Hofmann
Stadtrat Tilman Pfannkuch
sowie CDU-Gemeinderatsfraktion