„Frau, Leben, Freiheit – Solidarität mit den Protesten im Iran“

Redebeitrag von Dr. Iris Sardarabady bei der Demonstration am 01.10.22

Seit nunmehr zwei Wochen erlebt der Iran eine massive Protestbewegung, die wohl größte seit der grünen Bewegung von 2009. Ausgelöst durch den gewaltsamen Tod der 22 jährigen Mahsa Amini gehen tausende Iraner und Iranerinnen unter Lebensgefahr auf die Straße. Trotz des immer rücksichtsloseren Vorgehens der Sittenpolizei lassen sich die Menschen nicht einschüchtern. Bisher ist die Rede von über 80 Todesopfern, die Dunkelziffer ist hoch. Tausende wurden verhaftet.  

Mahsa Amini wurde von der iranischen Sittenpolizei wegen eines vermeintlich falsch sitzenden Kopftuchs festgenommen, sie starb später im Krankenhaus – offenbar an einer schweren Schädelverletzung infolge von Misshandlungen. Erschütternd ist, dass ihr Schicksal kein Einzelfall ist, nein, es hätte jede Frau treffen können, zufällig und völlig willkürlich. Die Proteste richten sich inzwischen nicht mehr allein gegen den seit 1979 bestehenden Kopftuchzwang und die strengen Kleidungsvorschriften für Frauen. Immer häufiger werden auch umfassende Freiheiten und sogar das Ende der Islamischen Republik gefordert.

Als Vertreterin der grünen Fraktion möchte ich heute unsere Trauer und unsere Wut über die Geschehnisse im Iran ausdrücken.  Aber vor allem möchte ich ein deutliches Zeichen der Solidarität mit all den mutigen Frauen und auch Männern setzen, die sich gegen dieses repressive System stellen. Ihre Entschlossenheit, für Freiheit und Selbstbestimmung zu kämpfen, beeindrucken mich zutiefst. Es kann uns nicht gleichgültig sein, dass seit 43 Jahren im Iran Menschenrechte verletzt und missachtet werden, alltäglich und nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell.

Frauenrechte sind Menschenrechte! Es sind insbesondere die Mädchen und Frauen, die unterdrückt und systematisch an einem selbstbestimmten Leben gehindert werden: nicht nur durch den Kopftuchzwang und die strengen Kleidervorschriften, sondern auch durch weitere geschlechtsspezifische Einschränkungen: zum Beispiel dürfen Frauen keine Stadien besuchen, nicht als Solokünstlerinnen singen, keine Richterinnen werden, das Land nicht ohne Genehmigung ihres Mannes verlassen.

Die Frauen haben genug von Unterdrückung und Ausgrenzung! Nach Art. 1 der Menschenrechtskonvention sind «Alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren, sie haben ein gleiches Recht auf Freiheit“. Dies sind keine westlichen Werte, wie von dem iranischen Regime gerne behauptet, nein, es sind allgemeine Menschenrechte, universell und unteilbar. Die internationale Gemeinschaft hat die Verantwortung, die Menschen im Iran in ihren Forderungen zu unterstützen, mit deutlichen Worten und Taten wie z.B. den angekündigten personenbezogenen Sanktionen gegen Verantwortliche der iranischen Führung.

Wir brauchen eine neue Außenpolitik mit einem klaren Wertekompass. Wir brauchen die von Außenministerin Annalena Baerbock verfolgte wertebasierte Politik. Ja, auch eine feministische Außenpolitik, die einen Fokus auf Geschlechtergerechtigkeit und die Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen. Die Karlsruher Grünen stehen solidarisch an Ihrer Seite. Wir fordern einen sofortigen Stopp des brutalen Vorgehens gegen die Demonstrierenden und ein Ende aller Menschenrechtsverletzungen.

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