Kalender und Kalendergeschichten | |
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![]() Nach vierjähriger Mitarbeit im Gremium des alten Kalenders reicht Hebel am 18. Februar 1806 ein »Unabgefordertes Gutachten über eine vortheilhaftere Einrichtung des Calenders« ein, in dem er seine Vorstellungen eines volkstümlichen Kalenders darlegt. In seinen Überlegungen orientiert er sich an erfolgreicheren Kalendern aus den Nachbarregionen. Er verweist auf den Hinkenden Boten aus Basel, wie den von Heinrich Zschokke redigierten und sehr beliebten Nützlichen Hülfs-, Noth-, Haus- und Wirthschafts-Kalender des aufrichtigen und wohlerfahrenen Schweizerboten aus Aarau und Basel, beruft sich aber auch auf den Schaffhausener Kalender Der lustige Schweizer. Der Landkalender hat seine Leserschaft nicht nur im ländlichen Bereich, sondern vorwiegend im Bürgertum. Hebels Vorstellungen über eine Veränderung des Kalenders berücksichtigen aber nicht nur den Gebildeten sondern auch den »Illiteratus«, den gemeinen Mann; in seinem Gutachten formuliert er Grundsätze des Volksbuches. |
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Das Konsistorium entschließt sich am 14. Januar 1807, Johann Peter Hebel die Bearbeitung des Kalenders ganz zu übertragen. Der neue Titel Der Rheinländische Hausfreund ist schnell gefunden; zur Bezeichnung »Hausfreund« ist Hebel durch die Literatur angeregt worden: Die »Freunde vom Hause« finden sich schon im Wandsbecker Bothen, wahrscheinlicher jedoch hat er diese Prägung aus der Luise. Ein ländliches Gedicht in drei Idyllen (1782- 1794) von Johann Heinrich Voss übernommen. |
![]() Titelvignette des Rheinländischen Hausfreunds von 1813 Die Vignette stammt mit großer Wahrscheinlichkeit von Hebel selbst |
Der erste von Hebel besorgte Jahrgang des Rheinländischen Hausfreundes, 1808, erreicht schon eine Auflage von 24000 Stück und verkauft sich sehr schnell. Im Jahre 1810 werden bereits 50000 Kalender gedruckt, jedoch sinkt diese Zahl im darauffolgenden Jahr wieder. In der Folgezeit erreicht Hebels Rheinländischer Hausfreund mit stetigem Erfolg auch die katholischen Teile der Bevölkerung, er findet Verbreitung im Elsaß und bis zum Bodensee.
Hebel schreibt und redigiert den Rheinländischen Hausfreund der Jahrgänge 1808-1819 (mit Unterbrechung). Als Gehilfen wirken in der Kalenderproduktion zwei Vertraute Hebels, die dem Redaktor einige Stoffe für die Kalendergeschichten zutragen und von diesem als »stehende Figuren« in das Kalenderszenarium integriert werden. Henriette Hendel-Schütz wird zur »Schwiegermutter des Adjunkten« im Rheinländischen Hausfreund, den »Adjunkt« selbst stellt Christof Friedrich Koelle (1781-1848) dar. Ein vorläufiges Ende der Kalenderredaktion Hebels markiert der zensierte Jahrgang 1815. Die Erzählung »Der fromme Rat» wird in katholischen Kreisen falsch verstanden, so daß die ganze Auflage des Jahrgangs 1815 zurückgezogen und eine neue gedruckt wird. Hebel verschickt jedoch an alle Freunde zwei Exemplare: einen verbotenen Kalender und einen »für ans Fenster zu hängen«. Bis 1819 liefert er noch Beiträge für den Kalender, zieht sich aber weitestgehend aus der Redaktion des von ihm nun als »Kahl-Ender« bezeichneten Volkskalenders zurück. |