GRÜNE-Gemeinderatsfraktion

Haushaltsrede zum Doppelhaushalt 2019 / 2020

Der letzte Doppelhaushalt stand unter der Prämisse, im Rahmen der Haushaltsstabilisierung deutliche Kürzungen zu beschließen. Damals haben wir vielen Kürzungen zugestimmt, damit auch in Zukunft genügend Mittel für die Gestaltung des städtischen Haushalts zur Verfügung stehen. Im jetzt zu beschließenden Doppelhaushalt sind die Spielräume größer geworden, eben weil damals gekürzt wurde. Deshalb sind wir diesmal wieder etwas großzügiger mit den Ausgaben, fühlen uns aber weiterhin der Generationengerechtigkeit verpflichtet, also keine Schulden anzuhäufen. So, wie wir insgesamt für uns in Anspruch nehmen, unsere Entscheidungen mit Blick auf die weitere Zukunft zu fällen.

Soziales

Voraussetzung für den Zusammenhalt der Gesellschaft ist ein Mindestmaß an gerechter Verteilung von Ressourcen; damit alle teilhaben können am Leben einer Stadt, an Kultur, Sport usw., damit alle Kinder zumindest ähnliche Lebenschancen haben. Davon entfernen wir uns in Deutschland immer mehr. Die Armut wächst, die Unterschiede zwischen arm und reich werden größer. Unser Gemeinwesen verliert dadurch an Stabilität. Die Kinderarmut stagniert in Karlsruhe auf hohem Niveau. Die Altersarmut wächst. Und das, obwohl wir noch nie so hohe Steuereinnahmen hatten.

Wir GRÜNE wollen dieser Entwicklung mit Ideen und Entschlossenheit entgegensteuern. Was nutzen tolle Großprojekte, wenn gleichzeitig unser Gemeinwesen gefährliche Risse bekommt? Karlsruhe hat im Vergleich zu vielen anderen Städten in sozialer Hinsicht einiges vorzuweisen, z.B. in der Wohnungslosenhilfe, bei den Frühen Hilfen. Die Karlsruher Pässe sind von großer Bedeutung. Aber das reicht nicht.

Wir setzen uns für das Großprojekt „Karlsruhe – eine soziale Stadt“ ein. Das wäre doch mal eine andere Art Großprojekt. Ein Großprojekt, das unsere Demokratie stabilisiert und weit in die Zukunft wirkt.

In diesem Jahr soll auf unseren Antrag hin begonnen werden, die Leitlinien gegen Kinderarmut zu überarbeiten. Dann können daraus passgenaue Handlungsempfehlungen entwickelt werden, Kinder zu unterstützen. Weiterhin sehen wir die Situation Alleinerziehender als wesentlichen Punkt der Kinderarmut an. Deshalb wollen wir Alleinerziehende stärker unterstützen.

Die Chancen von Kindern wollen wir auch dadurch verbessern, indem wir uns für den Vorschlag des Hebammenverbandes einsetzen, bei den Familienzentren Hebammenberatungsstunden anzubieten.

Zur Armutsbekämpfung gehört auch, an der Seite der Zugewanderten zu stehen. Deshalb wollen wir stärker die Hausaufgabenbetreuung unterstützen.

Zum Thema Pflege haben wir GRÜNE diverse Anträge gestellt – weil wir ein würdiges Leben für unsere pflegebedürftigen Seniorinnen und Senioren wollen. Es ist notwendig, dass hier nicht nur geredet, sondern Gelder in die Hand genommen werden. Die Stadt sollte deshalb für eine Kampagne zur Gewinnung von Pflegekräften vorausschauend aktiv werden – wie sie es z.B. im IT-Bereich schon tut.

Die fehlenden Kurzzeitpflegeplätze sehen wir als besonderes Problem an und wollen deshalb, dass die Stadt auch durch finanzielle Anreize für die Schaffung neuer Plätze sorgt.

Ein wichtiges Element in der Unterstützung und Aktivierung der älteren Generation ist das Quartiersmanagement, das wir für sinnvoll halten und hinter dem wir stehen.

Frauen und Kinder vor Gewalt bzw. sexuellem Missbrauch zu schützen ist für uns von hoher Priorität. Es macht Mut, dass dieses Thema auch durch viele junge Frauen (und auch Männer) z.B. in der Me-too-Bewegung wieder auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Und die Istanbul- Konvention fordert von der Politik ein deutlich entschiedeneres Engagement.

Es gilt da anzusetzen, wo Gewalt und sexueller Missbrauch in erster Linie auftreten: In der Familie, im Verein, bei Abhängigkeitsverhältnissen, in kirchlichen Gemeinden. Weil unsere Frauenhäuser und Beratungsstellen überlastet sind und so ihrer Aufgabe nicht mehr angemessen nachkommen können, sollen sie finanziell besser ausgestattet werden.

Zentral für das Soziale ist aber die Wohnungspolitik. „Arm durch Wohnen“ heißt es auch in Karlsruhe mittlerweile für viele. „Wohnungsnot wird zum sozialen Sprengstoff“ hieß es in der BNN im September. Und „die Politik muss handeln“ war das Statement des Städte- und Gemeindebundes. Ja, das finden wir auch und dringen darauf, mehr Wohnungen mit günstigen Mieten zu bauen und Grundstücke regelmäßig „nach Konzept“ zu vergeben.

Zur sozialen Gerechtigkeit gehört auch, eine adäquate Wohnung zu haben. Damit das soziale Gefüge in Karlsruhe intakt bleibt, müssen wir deshalb weiter den sozialen Wohnungsbau unterstützen. Wir GRÜNE wollen, dass auch Familien und Menschen mit geringem Einkommen in Zukunft in Karlsruhe leben können. Dazu müssen die Mittel für Wohnraumförderung in Höhe der letzten Jahre fortgeschrieben werden.

Soziale Ausgewogenheit bedeutet auch mehr Sicherheit und weniger Kriminalität. Auch der Klimaschutz und damit auch die Verkehrswende sind gleichzeitig Sozialpolitik. Denn die ärmeren Menschen, die z.B. in der Südstadt, in Mühlburg oder in der Innenstadt unter dem Dach wohnen, wissen jetzt schon, was über 30 Grad als nächtliche Temperatur bedeutet.

Zum sozialen Bereich gehört auch die Integration. Integration ist eines der Schlüsselthemen der Zukunft – weltweit und auch in Karlsruhe. Vor kurzem hat der Gemeinderat die Fortschreibung der Karlsruher Leitlinien zur Integration beschlossen.
Das Karlsruhe der Zukunft ist international, bunt und vielfältig. Wir wollen allen hier Lebenden Chancen bieten und zum Gelingen der Integration beitragen. Dafür muss das Büro für Integration so ausgestattet werden, dass die Leitlinien in den kommenden Jahren auch tatsächlich umgesetzt werden können.

Auch die außerstädtischen Einrichtungen im Bereich Integration wollen wir stärken. Als Beispiel greife ich hier das Projekt „Perspektive Now!“ des ibz heraus. Hier werden junge Migrantinnen und Migranten dabei unterstützt, möglichst zügig zu einem Schulabschluss und einer Ausbildung zu kommen.

Bildung

Die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen ist eine der wichtigsten kommunalen Aufgaben. Wir können als Kommune durch eine qualitätsvolle frühkindliche Bildung und vielfältige ergänzende Bildungsangebote die Chancengleichheit der Kinder stärken. Das ist gleichzeitig soziale Prävention gegen spätere Armut und Arbeitslosigkeit.

Eine der größten Zukunftsaufgaben für Familien in Karlsruhe ist der Ausbau der Kitas. Derzeit beträgt die Versorgungsquote für Kinder unter drei Jahren in den Kitas 39 %. Durch die Einbeziehung von betreuten Spielgruppen und Kindertagespflege kann bis 2020 ein Versorgungsgrad von 53 % erreicht werden. Die Quote kommunaler Kitas liegt inzwischen bei unter 10 %. Diese Mindestquote muss wenn möglich erhöht werden, damit neue Betreuungsformen und Qualitätsentwicklungs-Maßnahmen in kommunaler Verantwortung erprobt und umgesetzt werden können. Wir GRÜNE setzen uns deshalb dafür ein, dass bei allen Baumaßnahmen die Einrichtung kommunaler Kitas geprüft wird.

Um genügend qualifizierte pädagogische Fachkräfte zu gewinnen, ist die Versorgung mit preiswertem Wohnraum und ggf. die Gewährung von Zulagen zu prüfen. Die praxisintegrierte Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher wollen wir im gleichen Umfang wie 2018 weiter fördern. Auch die Kindertagespflegerinnen müssen bei tariflichen Verbesserungen berücksichtigt werden.

Bei der Qualitätsentwicklung der Kitas sind wir in Karlsruhe bereits auf einem guten Weg. Handlungsbedarf besteht aber vor allem bei der Umsetzung der Inklusion in den Kitas. Wir wollen dazu die pädagogischen Hilfen für Kinder mit Behinderungen erhöhen, damit sie angemessen von qualifizierten Fachkräften gefördert werden können.

Die Diskussion über beitragsfreie Kindergärten dauert schon viele Jahre in Karlsruhe an. Mit unserem Antrag dafür haben wir einen fraktionsübergreifenden Konsens erreicht: Als erstes soll es keine weiteren Erhöhungen der Beiträge mehr geben. In einem zweiten Schritt wird angestrebt, die teilweise sehr heterogenen Elternbeiträge der freien Träger an die Elternbeiträge der kommunalen Kitas anzugleichen. Um diesen Prozess zu starten, werden wir interfraktionell einen Ausgleichsfonds beantragen, auch für die Kindertagespflege. Danach soll mit der Absenkung bis zur perspektivischen Gebührenfreiheit begonnen werden. Dabei setzen wir auf die angekündigten Zuwendungen von Bund und Land, die für Bildung und Betreuung der Kinder ebenfalls Verantwortung tragen.

Bei den Schulen in Karlsruhe hat sich in den letzten zehn Jahren einiges verändert. Durch die Aufhebung der Grundschulempfehlung hat sich die Zahl der Werkrealschulen auf nur noch vier reduziert. Die Gemeinschaftsschule ist zu einem Erfolgsmodell geworden. Die Übergangszahlen in die Gemeinschaftsschulen sind stabil und werden steigen, sobald die Schulbaumaßnahmen abgeschlossen sind und eine gymnasiale Oberstufe eingerichtet ist. Wir unterstützen die weitere Umwandlung von Realschulen zu Gemeinschaftsschulen und die Erweiterung von Realschulen und Gemeinschaftsschulen.

Der Bedarf an Ganztagsgrundschulen und Horten wird weiter steigen. Den bereits eingeschlagenen Weg, ein Wahlangebot für alle Eltern in ihrem Stadtteil entweder für eine gebundene Ganztagsschule oder ein Betreuungsangebot an der Halbtagsschule einzurichten, wollen wir fortsetzen.

Unterstützung bekommen wir von der Landesregierung, die künftig wieder Betreuungsangebote an Halbtagsschulen finanziell unterstützen wird. 

Mit der schrittweisen Einführung der Schulsozialarbeit sind in den letzten Jahren gute Fortschritte gemacht worden. Auf der Grundlage der Prioritätenliste werden wir GRÜNE den weiteren Ausbau beantragen. Alle Beruflichen Schulen sollen eine oder zwei Stellen bekommen, allgemein bildende Schulen sollen bei Bedarf aufgestockt werden.

Auch die Integrationsarbeit der Beruflichen Schulen ist zu stärken, damit die Jugendlichen, die in der Ausbildungspraxis gute Erfolge erreichen, nicht an der theoretischen Prüfung scheitern. Denn es liegt in der Verantwortung der Beruflichen Schulen, Jugendliche mit schwachen Schulleistungen und erschwerten sozialen Entwicklungsbedingungen sowie Jugendliche mit Migrations- und Fluchterfahrungen so wirkungsvoll zu fördern, dass sie erfolgreich beruflich integriert werden können. Entscheidend für ihren Ausbildungserfolg ist der ergänzende Erwerb von Deutschkenntnissen. Hierzu wollen wir Ergänzungsprojekte stärker fördern.

Bildung umfasst auch die soziale, kulturelle und sportliche Bildung sowie Natur- und Umweltbildung der Kinder. Wir unterstützen deshalb die ergänzenden Bildungsangebote an Schulen, die in Kooperation mit Sportvereinen, mit Kultureinrichtungen und Kunstschaffenden sowie mit Umwelt- und Naturschutzverbänden durchgeführt werden. Sie müssen dem wachsenden Bedarf entsprechend aufgestockt werden.

Wir setzen uns auch weiter dafür ein, dass die Ganztagsgrundschulen einen Teil ihrer zusätzlichen Lehrerstunden in Mittel umwandeln, um dazu Kooperationen mit Sportverbänden, dem KONS, Umweltverbänden sowie mit kulturellen Einrichtungen eingehen zu können. Daraus sollen dauerhafte Bildungskooperationen entstehen, die Kindern aus unterschiedlichen sozialen Milieus Teilhabegerechtigkeit ermöglichen.

Kultur

Eine moderne zukunftsorientierte Stadt ohne Kultur ist nicht denkbar. Kultur setzt wichtige Impulse und trägt zur Innovationskraft von Karlsruhe bei. Kultur spiegelt und inspiriert gesellschaftliche Entwicklungen, sie bringt Menschen zusammen, sie regt an, entspannt und sie bereitet Freude. Kultur ist für viele Menschen ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens

Karlsruhe verfügt über ein buntes und vielfältiges Kulturangebot. Und das ist auch notwendig. Denn als zukunftsgerichtete Stadt ist es Aufgabe von Karlsruhe, der gesellschaftlichen Tendenz nach individueller Entfaltung zu entsprechen. Und dazu gehört ein entsprechendes breitgefächertes kulturelles Angebot. Ein Angebot für Singles wie für Familien, für Frauen wie für Männer, für Junge wie für Ältere und vor allem ein Angebot, das für alle erschwinglich ist

Kultur stärkt die Stadtgemeinschaft, ist ein wichtiger Standortfaktor und verschafft Karlsruhe bisweilen internationale Aufmerksamkeit – und das kostet etwas. Für 2019 wurden von der Verwaltung 52 Mio. und für 2020 53 Mio. Euro in den Haushaltsentwurf eingestellt. Das klingt erst einmal nach viel.

Wenn wir aber den prozentualen Anteil für Kultur am Gesamthaushalt betrachten, so wird deutlich, dass wir Jahr für Jahr weniger für Kultur ausgeben:Der prozentuale Anteil der Ausgaben für Kultur innerhalb der laufenden Verwaltungsausgaben sinkt von 4,7% in 2011 auf nur noch 4,0% in 2020.

Noch deutlicher fallen die realen Mittelsenkungen bei den Transferleistungen aus. Die Transferleistungen im Kulturbereich ohne Badisches Staatstheater, ZKM, Volkshochschule und Majolika wurden von 2011 bis 2020 nur um 350.000 Euro erhöht: Für Tollhaus, Kammertheater, Marotte, Literarische Gesellschaft, Badischer Kunstverein, Kinemathek, Centre Culturel Français, Fastnachtsumzüge und Jugendorchester und noch viele mehr. In neun Jahren sind das nicht einmal 7 % – gegenüber 40 % Steigerung im Gesamthaushalt

Das bedingt eine Schieflage, denn auch die nicht-städtischen Kultureinrichtungen sind von Lohn-, Miet- und allgemeine Preissteigerungen betroffen. Damit vergrößert sich deren reales Defizit immer mehr und kann zunehmend nicht ausgeglichen werden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass dieses Jahr so viele Anträge aus dem Kulturbereich an uns herangetragen wurden – und die GRÜNE-Fraktion vielen davon entsprechen wird

Auch die Haushaltskonsolidierung hat zu dem Delta der Kultureinrichtungen beigetragen. Glücklicherweise ist es gelungen, im Kulturbereich trotzdem die Strukturen zu erhalten und kulturelle Vielfalt zu sichern, damit in zukünftigen besseren Zeiten das bewährte Angebot verstärkt aufleben kann. Das wollen wir jetzt nutzen.

Uns ist die Vielfalt des kulturellen Angebots ein wichtiges Anliegen: Die Mischung aus großen, mittleren und kleinen Kultureinrichtungen und -vereinen, vom Spannungsfeld zwischen Moderne, Innovation, Bewahrung kulturellen Erbes und Brauchtum, von Theater, Musik, Tanz, und Kunst.

ZKM und Badisches Staatstheater sind die kulturellen Zugpferde, sie haben die höchsten Besucherzahlen – und sie kosten auch am meisten. Die gestiegenen und weiter steigenden Kosten sind in den Haushalt eingepflegt. Das ist im Sinne der Transparenz und auch im Sinne der dort tätigen Menschen begrüßenswert.

Die hohen Kosten für Neubau und Erweiterung des Staatstheaters werden nach und nach auch im städtischen Haushalt zu Buche schlagen. Wie schwer, aber auch wie notwendig die Entscheidung für dieses Bauvorhaben war, haben wir in der damaligen Debatte ausführlich dargestellt. Wenn die Einnahmen der Stadt weiterhin sprudeln, werden wir auch diesen „Brocken“ bewältigen.

Gerade die vielen kleinen und auch größeren soziokulturellen Zentren und Kulturvereine ermöglichen mit ihrem vielfältigen Angebot allen Bevölkerungsschichten die Teilhabe an Kultur. Sie wirken in das Lebensumfeld der Menschen ein und stärken die Gemeinschaft. Wir werden daher unter anderem Anträge für das Tollhaus, das Substage, den Tempel und die Marotte stellen.

Daneben wollen wir vor allem auch kleinere, neue und innovative Kultureinrichtungen und -gruppen sowie spezifische kommunale Angebote fördern. Wir GRÜNE wollen daher zum Beispiel für den Verein Klangkunst, das P8 und das Kohi zusätzliche Mittel bereitstellen.

Die Majolika, so wie sie jetzt ist, passt dagegen für uns nicht zu einem Karlsruhe der Zukunft. Seit Jahren warten wir auf ein tragfähiges Konzept. Und seit Jahren zahlen wir sechsstellige Beträge an die Majolika. Im vorliegenden Entwurf sind jährlich 0,3 Mio. Euro eingestellt. Dieses Geld wollen wir lieber für die Entwicklung von kulturellen Einrichtungen einsetzen, die Vielfalt und soziales Miteinander stärken, Stadtteile bereichern und individuelle Entfaltung ermöglichen.

Umwelt- und Naturschutz: Die Grüne Stadt

Natur und damit auch der Naturschutz haben für unsere Stadtbevölkerung einen sehr hohen Stellenwert. Zum einen, weil die Menschen zunehmend sensibilisiert sind für den Schutz der Artenvielfalt und zum anderen, weil Bäume, artenreiche Wiesen und  Grünflächen sowie Natur- und Landschaftsschutzgebiete und Wälder wichtig sind für die Lebensqualität und Gesundheit der Menschen. Wir werden in den nächsten Jahren wesentlich mehr Mittel für die Sicherung der Natur- und Artenvielfalt in unserer Stadt einsetzen müssen. Das ist dringend geboten auch aus Umwelt- und Klimaschutzgründen. Denn die grünen Lungen unserer Stadt filtern Schadstoffe aus der Luft und tragen zur Absenkung der hohen Temperaturen bei.

Wir setzen uns weiterhin für ein engmaschiges Biotopverbundnetz ein. Die noch ausstehenden Unterschutzstellungen der Landschaftsschutzgebiete müssen zügig umgesetzt werden, damit eine durchgängige Biotopvernetzung von Grötzingen und den Höhenstadtgebieten bis zum Rhein erfolgen kann. Für die besonders wertvollen Schutzgebiete müssen die Pflegepläne ständig aktualisiert und umgesetzt werden. Sehr erfreulich ist die Fortsetzung von Renaturierungsmaßnahmen der Alb auf unserer Gemarkung zur Erhöhung der Artenvielfalt der Auen und der Fischarten. Wir wollen erreichen, dass der Fischaufstieg der Appenmühle ertüchtigt wird, um die Fischwanderung zu ermöglichen.

Das seit Jahren grassierende Insektensterben ist eine große Bedrohung für die Artenvielfalt. Seit 1989 ist die Zahl der Bestäuberinsekten um 80 % zurückgegangen. Rund 40% der Wildbienen sind bereits ausgestorben, 31 Arten sind vom Aussterben bedroht, wie die Bundesregierung der GRÜNEN Bundestagsfraktion geantwortet hat.

Die Ursache dafür liegt vor allem im Einsatz von insektenvernichtenden Pestiziden in der Landwirtschaft. Da die Bundesregierung zu wenig tut, müssen wir auf kommunaler Ebene handeln, um die Artenvielfalt der Insekten zu stabilisieren und damit einen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität zu leisten. Alle Maßnahmen in diese Richtung werden von der Bevölkerung befürwortet.

Letztes Jahr haben wir einen Antrag auf Erstellung eines Masterplans für Biodiversität in den Gemeinderat eingebracht. Die zentralen Ziele dabei sind die Bündelung aller bisherigen Maßnahmen des Naturschutzes sowie die Einbeziehung vielfältiger neuer Maßnahmen, mit denen die Biodiversität in unserer Stadt dauerhaft gesichert und systematisch verbessert werden kann. Die Stadtverwaltung hat zugesagt, einen Masterplan zu erstellen, sofern ihr die dazu notwendigen Mittel dafür zur Verfügung gestellt werden. Wir GRÜNE wollen dazu die im Haushaltsentwurf eingestellten sehr geringen Mittel deutlich aufstocken.

Wir freuen uns, dass zumindest einige unserer geforderten Maßnahmen bereits umgesetzt wurden. Dazu gehört der Beitritt der Stadt Karlsruhe zum Biostädtenetzwerk, mit dem sie sich u. a. verpflichtet, den Einsatz von Bio-Lebensmitteln in allen öffentlichen Einrichtungen sowie den Bio-Landbau auf ihrer Gemarkung zu fördern. Nun wollen wir die Umstellung auf eine insektenfreundliche Mahd der öffentlichen Grünflächen erreichen. Dabei darf nur ein- bis zweimal im Jahr gemäht werden. Aber das Mähgut muss abgeräumt werden – das macht es teurer als das bisherige Vorgehen. Diese ökologisch sinnvolle Mahd ist in den letzten Jahren verringert worden. Nur 10 % der öffentlichen Grünflächen werden derzeit auf diese ökologische Weise gepflegt. Dieser Anteil muss durch mehr Geld im Haushalt stark erhöht werden.

Der Klimawandel mit den zunehmend heißen trockenen Sommern hat auch gravierende Auswirkungen auf die Stadtbäume. Allein für die Bewässerung der jährlich rund 600 bis 1.000 neu gesetzten Jungbäume werden sechs Vollzeitstellen des GBA sowie fünf Lkw benötigt. Dabei besteht auch zunehmend ein Bedarf für die Bewässerung des Gesamtbestands der rund 140.000 Stadtbäume, der mit den derzeit erforderlichen Personalressourcen nicht zu leisten ist. Wir setzen uns dafür ein, dass die bereits hohe Zahl der Stadtbäume kontinuierlich weiter erhöht wird.
Wir GRÜNE begrüßen, dass in diesem Haushalt nun Mittel für die Aufwertung des Friedrichsplatzes eingestellt wurden. 

Das neue Streuobstwiesenkonzept hat im Umweltausschuss eine einhellige Zustimmung gefunden. Denn Streuobstwiesen haben eine hohe ökologische Bedeutung. Durch das Liegenschaftsamt wird derzeit eine Fläche von rund 60 ha mit  circa 6.000 Hochstammobstbäumen bewirtschaftet. Die locker stehenden Bäume unterschiedlichen Alters bieten mit extensiv genutzten Wiesen bis zu 5.000 Tier- und Pflanzenarten Lebensraum. Sie prägen das Landschaftsbild und wirken sich positiv auf das örtliche Klima aus. Deshalb wollen wir mehr Mittel für ihre Pflege.

Während auf öffentlichen Grünflächen keine Pestizide wie Glyphosat und andere insektengefährdenden Ackergifte eingesetzt werden, ist dies bei den Landwirtschaftsbetrieben in unserer Stadt noch nicht erreicht worden. Wir GRÜNE haben beantragt, dass bei der Verpachtung kommunaler landwirtschaftlicher Flächen in den Pachtverträgen der Einsatz von Glyphosat und Neonicotinoiden verboten wird. Der von uns beantragte Runde Tisch mit den Landwirten auf Karlsruher Gemarkung zum Ausloten eines Reduktions- und Ausstiegsplans aus dem Pestizideinsatz wird in diesem Herbst starten. Die Stadtverwaltung soll sich verstärkt dafür einsetzen, dass die Landwirte auf Biolandwirtschaft umstellen. Der Bioanteil in städtischen Kantinen und Mensen soll in den nächsten beiden Haushaltsjahren von 25 % auf 50 % erhöht werden. Dazu sollen auch Veranstaltungen und Präsentationen stattfinden. Für die begleitende Öffentlichkeitsarbeit müssen Mittel im Haushalt eingestellt werden.

Die Kommune gibt einen großen Teil ihres Geldes bei Vergaben aus. Wir wollen den Spielraum nutzen, bei Vergaben verantwortungsvoller mit Umwelt und Mitmenschen umzugehen. Immer wieder stellen wir entsprechende Anträge und jetzt wollen wir, dass sich die Agenda-2030-Kommune Karlsruhe diesem Ziel im Haushalt verpflichtet.

Gesunde Stadt

Neben unseren vielfältigen Maßnahmen für gesundheitsfördernde Lebensbedingungen in unserer Stadt ist das Städtische Klinikum als Einrichtung der Daseinsfürsorge für uns sehr wichtig. Es ist unsere Aufgabe, das Städtische Klinikum so zu unterstützen, dass es in der Balance zwischen Wettbewerb und Kooperation mit den anderen Kliniken in unserer Region gut aufgestellt wird. Wir freuen uns über die qualitativ guten und zeitgerechten Baufortschritte. Beim Ausgleich des Defizits sehen wir einen Handlungsbedarf beim Land und vor allem beim Bund für eine bessere Krankenhausfinanzierung.

Verkehr

Beim Verkehr können wir nicht so weitermachen wie bisher. Die Reichweite von Elektroautos ist inzwischen für den Großteil der Fahrten kein Problem mehr. Deshalb sollten die Kfz der Stadtverwaltung im Rahmen der normalen Ersatzbeschaffung durch Elektroautos ersetzt werden, soweit das machbar ist. Auch im privaten Bereich kommen Elektroautos langsam in Mode.

Aber nur der Ersatz aller vorhandenen Autos durch Elektroautos wird zwar die Luftqualität in Karlsruhe verbessern und den Lärm reduzieren, aber die anderen negativen Wirkungen bleiben. Insbesondere der extreme Platzbedarf sowohl für den fließenden Verkehr als auch für die geparkten Fahrzeuge sind auf Dauer nicht hinnehmbar. Im Haushalt sind aber wie üblich wieder viele Millionen für den Kfz-Verkehr eingeplant. Nur ein Beispiel: Für die bessere Ausschilderung des Wildparkstadions und die Umleitungen an Spieltagen sind 3,5 Mio. Euro vorgesehen – nur für Ausschilderung beim Wildpark! Für alle baulichen Maßnahmen beim Radverkehr insgesamt für ein Jahr steht dagegen nur 1 Mio. Euro zur Verfügung.

Wir GRÜNE wollen den Radverkehr aber deutlich stärken, so wie es im 20-Punkte-Programm vom Gemeinderat beschlossen wurde. Die Verwaltung hat sich jedoch längst von dem Ziel verabschiedet, jährlich zwei neue Radrouten fertig zu stellen. Was die Verwaltung macht, ist gut, aber es muss deutlich schneller gehen – mit mehr Geld für Infrastruktur, mehr Umbau-Planungen und mehr Fahrradabstellanlagen.

Die Kombilösung lastet wie Blei auf der mittelfristigen Finanzplanung. Sobald die U-Strab in Betrieb geht, müssen die bisher aufgelaufenen Kosten abbezahlt werden. Das wird den Haushalt schwer belasten und ist nicht mehr zu vermeiden. Wir wenden uns aber dagegen, das durch Kürzungen beim Bus- und Straßenbahn-Angebot auszugleichen. Auch die Fahrpreise sind ohnehin schon vergleichsweise hoch, vor allem auf kurzen Strecken und für Familien. Hier sind günstigere Angebote nötig.

Klima und Energie

Mit unserem städtischen Haushalt übernehmen wir Verantwortung für unser Klima. Wir möchten bis 2050 klimaneutrale Kommune sein. Trotz der durchaus vorhandenen Anstrengungen macht seit 2009 unsere CO2-Bilanz für Karlsruhe keine Fortschritte, auch wegen des Versagens der Bundespolitik. Für uns sind verstärkte Anstrengungen in den Klimaschutz unerlässlich.
Wir wollen deshalb mehr Mittel für das Bonusprogramm zur energetischen Sanierung im Privatbereich; denn nur durch Sanierung der bestehenden Bauten kann eine wesentliche Verbesserung erreicht werden.

Auch bei der Vorbereitung auf den Klimawandel sehen wir großen Handlungsbedarf: Da gerade in Karlsruhe deutlich höhere Temperaturen befürchtet werden, müssen wir mehr tun, damit die Bevölkerung stärker gegen höchste Temperaturen geschützt wird, etwa durch Fassadenbegrünung.

Tierschutz

Auch mit den Tieren im Karlsruher Stadtgebiet und in städtischer Obhut müssen wir verantwortungsvoll umgehen. In diesem Haushalt werden weitere Bausteine des Karlsruher Zookonzepts beschlossen. Die perspektivisch geplante neue Asienanlage mit Orang-Utan-Gehege sehen wir kritisch. Das Halten von Menschenaffen im Zoo ist für uns aus tierethischer Sicht abzulehnen und auch finanziell ist für uns dieses 30 Mio.-Euro-Projekt keine Option.
Dagegen freuen wir uns, dass in diesem Haushalt nun die dringend notwendige Erweiterung der Giraffenanlage enthalten ist, die wir bereits im letzten Haushalt gerne gesehen hätten. Wir unterstützen das von uns gewünschte Tierschutzprojekt „Altersresidenz für Elefantenkühe“ und freuen uns über die Verdreifachung und Qualitätsverbesserung der Außenfläche. Durch den von uns beantragten freiwilligen Artenschutz-Euro beim Eintrittsgeld, der ab 2019 erhoben werden soll, können Artenschutzprojekte im Zoo selbst und den Herkunftsländern der Tiere finanziert werden.
Ein weiterer wichtiger Baustein im Haushalt ist die Wiederaufstockung des städtischen Tierschutzfonds.

Wirtschaft und Forschung

Die Stadt Karlsruhe unterstützt die Wirtschaftsstrukturen vor Ort, um unsere Stadt  innovativ und fit für die Zukunft zu machen. Wichtige Bauteile für unsere Wirtschaftsförderung sehen wir in der IT-Strategie der Stadt, für die in diesem Haushalt Gelder zur Verfügung stehen. So können wir unseren Wissenschaftsstandort stärken.  Aber den begonnenen Marketingaktivitäten müssen bald Verbesserungen folgen, die bei Unternehmen und Bevölkerung ankommen, wie zum Beispiel Glasfaserausbau. Für uns GRÜNE ist die Förderung von jungen Unternehmen mit innovativen Ideen wichtig. Mit Investitionen in städtische Gründerzentren und Beratungsstrukturen sind wir in diesem Haushalt gut aufgestellt. Damit die eingesetzten Mittel möglichst effektiv wirken, setzen wir bei der Gründungsförderung insbesondere auf Beratung und Begleitung.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist für uns neben Industrie und Gewerbe aber auch der Einzelhandel. Unsere City ist durch die Bauarbeiten der Kombilösung noch immer stark belastet. Die Attraktivität des Standorts Innenstadt hat in den vergangenen Jahren massiv gelitten. Wir GRÜNE begrüßen deshalb die Einstellung von Geldern für das Konzept „Zukunftssichere Innenstadt“.

Die dramatische Verzögerung bei der Sanierung der Stadthalle verursacht uns heftige Bauchschmerzen. Unabhängig von den Ursachen gilt es jetzt alles dafür zu tun, den finanziellen Schaden und Imageverlust so weit wie möglich zu minimieren.

Vor allem ist Sorge dafür zu tragen, dass alle erdenklichen Möglichkeiten genutzt werden, die bereits abgeschlossenen Verträge durch die Vermittlung von Ersatzräumen zu erfüllen.

Sport

Die Erhöhung des Haushaltsansatzes für den Sport um rund eine halbe Mio. Euro halten wir für richtig. Die Vereine tragen erheblich dazu bei, dass mehr Leute für den gesundheitsfördernden Breitensport gewonnen werden. Wir unterstützen Fusionen von Sportvereinen, allerdings müssen die Modalitäten dazu umfassend und transparent den Vereinen erläutert werden.

Probleme sehen wir dagegen beim Wildparkstadion: Eigentlich war beschlossen, dass das in einen separaten Eigenbetrieb ausgelagert wird und dann abgesehen von der Anschubfinanzierung keine weiteren Kosten mehr im städtischen Haushalt auftauchen. Nun ist dieses Prinzip bereits kurz nach der Gründung wieder ausgehebelt durch Verlustausgleich von 13,5 Mio. Euro. Wir befürchten, dass das der Anfang einer unendlichen Geschichte ähnlich wie bei der Kombilösung ist, bei der am Anfang ganz sicher war, wie viel sie am Ende kosten würde.

Auch wenn der KSC zuletzt gewonnen hat, haben wir vor dem Hintergrund seiner Gesamt-Situation weiterhin kein Verständnis dafür, dass die Karlsruher GroKo hier wieder in das Risiko eines Großprojekts stolpert. Der Wirtschaftsplan beruht bei den Einnahmen auf überholten Ligazugehörigkeiten und bei den Ausgaben wird es nach aller Erfahrung nicht bei den derzeit geplanten Zahlen bleiben. Deshalb lehnen wir den Stadionneubau in der derzeit geplanten Form weiter ab.

Personal

Alles, was die Stadt Karlsruhe tut, wird von ihrem Personal umgesetzt. Es wird aber immer schwerer, gutes Personal zu finden, das für die Stadt arbeiten möchte. Vor diesem Hintergrund hat der Gesamtpersonalrat Vorschläge gemacht, wie die Stadtverwaltung als Arbeitgeberin attraktiv bleiben kann. Uns ist wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich wohl fühlen bei der Stadtverwaltung und den städtischen Gesellschaften. Die Erhöhung der Zuschüsse zum Jobticket ist zum Beispiel einer der Vorschläge, die wir gerne unterstützen.

Und schließlich danke ich noch der Kämmerei für ihre Fleißarbeit bei der Aufstellung des Haushaltsentwurfs. Wir wissen, dass das immer wieder ein Kraftakt ist.

Es gilt das gesprochene Wort!

Fraktionsvorsitzender Johannes Honné

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