Armutsbericht der Stadt Karlsruhe 2019

Rede von Verena Anlauf im Gemeinderat am 24.09.2019 TOP 17

Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

Der Armutsbericht der Stadt Karlsruhe von 2019 ist ein großes Werk, das sich dem Thema Armut tatsächlich mit offenen Augen stellt und hinter dem viel vertiefte Arbeit, Statistiken, Auswertungen und Anregungen für die Praxis stecken. Vielen Dank dafür.

Diese Anstrengungen sind auch notwendig, denn Armut verfestigt sich in Deutschland und auch in Karlsruhe insgesamt weiterhin. Es wird immer schwieriger sich aus Armut zu befreien.

Ein Hauptaugenmerk hatten wir Grünen auf die Situation Alleinerziehender gelegt. (denn sie stellen eine besonders armutsgefährdete Gruppe dar) Vor 2,5 Jahren brachten wir dazu einen Antrag ein, diese Gruppe im Armutsbericht besonders zu betrachten.

Der Bericht sagt nun offen, dass die Maßnahmen zur Unterstützung Alleinerziehender nicht ausreichend gegriffen haben. Die Zahl armer Alleinerziehender ist kaum gesunken, sie liegt bei 1800 Haushalten.

Im letzten DHH wurde unser Antrag unverständlicherweise abgelehnt,  Gelder (da ging es lediglich um 20.000 Euro) für eine qualitative (also direkte aufsuchende) Befragung unter Alleinerziehenden durchzuführen. Allerdings machen sowohl der Familienreport als auch der Armutsbericht deutlich: Wir wissen zu wenig über die Situation bzw. die Situationen von Alleinerziehenden und wo genau die Ansatzpunkte sind. Wir sind weiterhin dafür, hier deutlich zielgerichteter zu handeln, dazu muss man mehr wissen, was alleinerziehende Familien jeweils brauchen.

Einen Hinweis liefert der Gesellschaftsreport Baden Württemberg von 2019 „Politische und gesellschaftliche Teilhabe von Armutsgefährdeten“. Dort heißt es:

Kinder im Haushalt wirken bei Armutsgefährdeten hemmend, was die soziale Integration und regelmäßige soziale Kontakte angeht. Im Gegensatz zu nichtarmen Haushalten mit Kindern, die besonders viel soziale Kontakte haben. Als Ursache wird vermutet, dass insbesondere arme Alleinerziehende zu wenig Zeit haben, soziale Kontakte zu pflegen.

Dies wäre z.B. für Karlsruhe überprüfenswert, um daraus Handlungen abzuleiten.

Denn: es entsteht der Negativkreislauf von Armut, mangelnden Kontakten, geringem Austausch an Erfahrungen und Informationen, z.B. auch um eine neue Arbeitsstelle oder Wohnung zu finden.

Wichtig ist uns ebenfalls die wachsende Gruppe an alten Menschen, die Grundsicherung erhält. Hier macht uns vor allem die allgemein vermutete Dunkelziffer an armen alten Menschen nachdenklich, die keinen Antrag auf Grundsicherung stellen.

Ein Ziel ist es für uns weiterhin ein Augenmerk auf die Anzahl sanktionierter psychisch kranker Menschen und/oder Familien mit Kindern zu legen. Wovon lebt eine sanktionierte Familie mit Kindern eigentlich? Ist hier nicht von vornherein Kindeswohlgefährung zu vermuten? Immerhin überprüft das Jobcenter zurzeit, ob weitergehende Meldungen an den sozialen Dienst mit dem Datenschutz vereinbar sind.

Wir setzen uns außerdem dafür ein, dass die große Gruppe von ca. 1200 Prostituierten, die größtenteils vor der Verelendung in Südosteuropa flohen, in den Armutsbericht mit aufgenommen werden. Diese stark gefährdeten Frauen sind da –  hier in Karlsruhe – und brauchen Unterstützung, um aussteigen zu können aus dem Verkauf ihres Körpers und letztlich ihrer Seele. Hier schauen wir in KA noch nicht so genau hin.

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Für uns Grüne ist die Soziale Frage ein Großprojekt.

Wir setzen uns deshalb z.B. für die Erweiterung des Karlsruher Passes und für die Bereitstellung von möglichst vielen Sozialwohnungen ein.

Armut isoliert, Armut spaltet, Armut unterhöhlt unsere Demokratie.

Wir Grünen wollen den Zusammenhalt.

Wir freuen uns auf den Kongress der Stadt zu Armut – Daten und Taten!

Vielen Dank

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