Auswirkungen von TTIP auf städtische Leistungen und Standards

Anfrage:

  1. Welche Auswirkungen könnten die Freihandelsabkommen TTIP, TISA und CETA auf städtische Transferleistungen generell haben?
  2. Könnten freiwillige Transferleistungen der Stadt an gemeinnützige Dritte, z.B. an Wohlfahrtsverbände, verstärkt angreifbar werden?
  3. Könnten sich o.g. Freihandelsabkommen auf städtische Kultureinrichtungen und deren Förderung durch die Stadt und/oder durch das Land auswirken? Wenn ja, in welcher Weise und welche Einrichtungen könnten hier besonders betroffen sein?
  4. Sind Auswirkungen der Freihandelsabkommen auf den städtischen Katastrophenschutz, insbesondere die Feuerwehr und Rettungsdienste möglich bzw. zu erwarten? Wenn ja, in welcher Form?
  5. Könnten Zuschüsse der Stadt an ihre Gesellschaften durch Konkurrenten des freien Marktes verstärkt angreifbar werden? Wenn ja, welche städtischen GmbHs könnten betroffen sein?
    • Ist es möglich, dass Investitionszuschüsse an das städtische Klinikum durch Land und Stadt aufgrund o.g. Freihandelsabkommen zukünftig in Frage stehen könnten?
    • Sind Auswirkungen der Freihandelsabkommen auf die Qualität der Versorgung der Karlsruher Bevölkerung mit Strom, Wärme und Wasser durch die Stadtwerke möglich bzw. zu erwarten? Wenn ja, in welcher Form?
    • Sind Auswirkungen der Freihandelsabkommen auf die Verkehrsbetriebe und den öffentlichen Nahverkehr sowie den Rheinhafen in Karlsruhe möglich bzw. zu erwarten? Wenn ja, in welcher Form?
    • Sind Auswirkungen der Freihandelsabkommen auf die Gemeinwohlorientierung der Sparkasse möglich? Was würde das für KundInnen bedeuten, die aufgrund ihrer prekären Situation auf Finanzdienstleistungen der Sparkasse in besonderem Maße angewiesen sind?
  6. Wie könnten sich die o.g. Freihandelsabkommen auf das städtische Beschaffungswesen auswirken? Könnte es hier zu Einschränkungen bei der Anwendung sozialer und ökologischer Standards kommen?

Sachverhalt/Begründung

Die möglichen Auswirkungen der geplanten Freihandelsabkommen TTIP, TISA und CETA sind vielschichtig. Ziel der Anfrage ist es, die Folgen speziell in Karlsruhe näher zu beleuchten mit Schwerpunkt auf städtische Leistungen für unterschiedliche Einrichtungen oder Personengruppen.

Den uns vorliegenden Informationen zufolge könnten durch die Freihandelsabkommen weite Bereiche der kommunalen und sozialen Daseinsvorsorge betroffen sein. So äußert sich die Arbeitsgemeinschaft Freier Wohlfahrtsverbände kritisch zu den geplanten Abkommen, da sie Organisationsform und Struktur der Leistungserbringung der Wohlfahrtsverbände in Frage gestellt sieht. Auch wird eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen im Bereich sozialer Dienstleistungen befürchtet.

Der Interessenverband Kommunaler Krankenhäuser (IVKK) weist auf die Notwendigkeit hin, das Gesundheitswesen vor einer rein marktwirtschaftlichen Betrachtung und damit auch vor Einbeziehung in die Freihandelsabkommen zu schützen.

Der Deutsche Kulturrat setzt sich ebenfalls intensiv und kritisch mit möglichen Folgen der Freihandelsabkommen auseinander. Auch der Deutsche Musikrat warnt davor, dass TTIP und TISA die öffentliche Kultur- und Bildungsfinanzierung in Frage stellen könnten.

Auf den Öffentlichen Nahverkehr können sich die Freihandelsabkommen ebenfalls auswirken. So garantiert die Direktvergabeoption den Gebietskörper-schaften heute unter bestimmten Voraussetzungen, Verkehrsdienstleistungen im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs an ein eigenes Unternehmen zu vergeben. Es besteht die Gefahr, dass dies zukünftig als Handelshemmnis klassifiziert wird.

Auch bei den Finanzdienstleistungen könnte es zu Veränderungen kommen. Bisher ermöglicht die öffentliche Rechtsform den Sparkassen, ein Gleichgewicht zwischen auskömmlicher Rendite und Gemeinwohlorientierung. Letztere könnte durch die Freihandelsabkommen in Frage gestellt werden und damit eine Unterversorgung der Bevölkerung sowie kleiner und mittlerer Unternehmen mit Finanzdienstleistungen zur Folge haben.

Die Anfrage zielt darauf ab, eine Stellungnahme der betroffenen Ämter, Gesellschaften und Institutionen zu erhalten, um ein möglichst konkretes Bild von den Einschätzungen der Betroffenen zu erhalten. Wir regen darüber hinaus an, die angerissenen Themen im Rahmen einer von der Stadt organisierten öffentlichen Veranstaltung zu diskutieren. Die Ergebnisse sollten neben anderen Aspekten auch in eine Resolution des Gemeinderats einfließen, die sich kritisch mit den möglichen Auswirkungen und Risiken der Freihandelsabkommen auch in Karlsruhe auseinandersetzt.

Unterzeichnet von:

Bettina Lisbach     Dr Ute Leidig      Johannes Honné      Alexander Geiger      Zoe Mayer

Aus der Gemeinderatssitzung am 29.09.2015:

Die Auswirkungen von TTIP auf städtische Leistungen und Standards wollen oder können viele Bereiche der Stadtverwaltung und auch manche städtischen Gesellschaften zum jetzigen Zeitpunkt nicht benennen. Immerhin wird deutliche Kritik an der mangelnden Transparenz der Verhandlungen geübt.
In der Stellungnahme werden außerdem zahlreiche Verbände zitiert, die für ihre Bereiche befürchten, dass durch die Verpflichtung zur weiteren Liberalisierung der Märkte bewährte Umwelt- und Qualitätsstandards aufgeweicht und nicht-kommerzielle Anbieter, z.B. für Trinkwasser oder Verkehrsdienstleistungen sich zukünftige einer internationalen Dumping-Konkurrenz gegenüber sehen.

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