Kinder- und Jugendschutz in und nach der Corona-Krise

Anfrage:

  1. Welche Entwicklung verzeichnet die Verwaltung bei Hinweisen zu häuslicher sowie sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen seit Beginn der Schließungen von Kitas und Schulen und sonstiger Einschränkung der sozialen Kontakte?
  2. Sollte sich die Fallzahl äquivalent zur Entwicklung der allgemeinen Fälle häuslicher Gewalt in Karlsruhe nicht merklich verändert haben: Wie erklärt die Verwaltung das Fehlen entsprechender Hinweise in Hinblick darauf, dass in anderen Städten wie Heidelberg die Zahl der entsprechenden Fälle dramatisch zugenommen hat?
  3. Welche Maßnahmen ergreift die Stadt, um während der Schließung von Kindertageseinrichtungen und Schulen zu ermöglichen, dass innerfamiliäre Gewalttaten bemerkt werden und das Jugendamt Kontakt mit den Betroffenen aufnehmen kann?
  4. Welche Maßnahmen ergreift die Stadt, um nach den Schließungen möglicherweise zwischenzeitlich erlebte Gewalterfahrungen bei Kindern und Jugendlichen aufzuarbeiten?
  5. Welche allgemeinen Unterstützungsmaßnahmen werden von der Stadt nach der Öffnung zur psychischen Aufarbeitung der erlebten Krisensituation für betroffene Kinder und Jugendliche, insbesondere aus sozial benachteiligten Familien, angeboten

Sachverhalt/Begründung

Auf die Anfragen der SPD-Fraktion (Vorlage 2020/0446) und der FDP-Fraktion (Vorlage 2020/0447) hin hat die Verwaltung in Bezug auf häusliche Gewalt gegenüber Frauen in Karlsruhe keine Veränderung der Fallzahlen seit dem Beginn der Kontaktbeschränkungen im Zuge der Corona-Krise feststellen können. Auf die Entwicklung von Fällen sexueller wie häuslicher Gewalt an Kindern und Jugendlichen im Speziellen wurde in beiden Antworten nicht explizit Stellung bezogen.

Die Berichterstattung aus den BNN vom 6. Mai 2020 legt jedoch nahe, dass zumindest in der nahegelegenen Großstadt Heidelberg in beiden Bereichen eine dramatische Zunahme der Fallzahlen dokumentiert wurde. So geht die Leitung der dortigen Gewaltambulanz von einer Verdreifachung der Gewaltdelikte gegenüber Kindern sowie von einer Verdopplung der Fälle häuslicher Gewalt gegenüber Frauen aus. Vor diesem Hintergrund ist das Gleichbleiben der Fallzahlen in Karlsruhe aus Sicht der Grünen Fraktion zumindest erklärungsbedürftig.

Aufgrund der Schließung von Kindertageseinrichtungen und Schulen besteht die Gefahr, dass Fälle von Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen unentdeckt bleiben, da Betreuungspersonen und Lehrkräfte kaum mehr die Möglichkeit haben, diese zu erkennen. In dieser Hinsicht bedarf es für die Dauer der Teilschließungen eines Konzeptes zur Erkennung von Kindesmissbrauchsfällen sowie einer Perspektive für alle Kinder in Karlsruhe, in absehbarer Zeit wieder an Kitas und Schulen zurückkehren zu können.

Manche Fälle von Gewalt und Traumatisierung werden, wenn überhaupt, erst nach dem Ende der Corona-bedingten Einschränkungen ans Licht treten. Zu-dem ist vorstellbar, dass auch die Krise und die damit verbundenen Einschränkungen und Veränderungen im Alltag für Kinder und Jugendliche sehr belastend waren und einige hierbei keinerlei Unterstützung für deren Verarbeitung hatten. Daher interessiert uns, was die städtischen Ämter und Jugendeinrichtungen zu diesem Thema in weiterer Folge nach der Corona-Krise geplant haben.

Unterzeichnet von:

Benjamin Bauer,  Jorinda Fahringer,  Renate Rastätter,
Dr. Iris Sardarabady,  Verena Anlauf,  Zoe Mayer

Unterlagen TOP 48 der Gemeinderatssitzung am 30. Juni 2020

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