Konzept zum Ausstieg aus Glyphosat und Neonicotinoiden auf landwirtschaftlich genutzten Flächen in Karlsruhe

Antrag

  1. In die städtischen Pachtverträge wird ein Verbot des Einsatzes von Glyphosat und Neonicotinoiden aufgenommen.
  2. Für neue Verpachtungen von städtischen Pachtflächen wird eine nach ökologischen Kriterien ausgerichtete Bewirtschaftung vereinbart. Die Verfahrensweise bei der Verpachtung von Ackerflächen wird jährlich im zuständigen Ausschuss vorgestellt.
  3. Die Stadtverwaltung eruiert den Einsatz von Glyphosat und Neonicotinoiden auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen in Karlsruhe, um Hotspots zu identifizieren, bei denen ein erheblicher Handlungsbedarf besteht.
  4. Auf der Grundlage dieser Daten wird ein Arbeitskreis „Pestizidfreie Landwirtschaft Karlsruhe“ eingerichtet. Dabei wird angestrebt, den Einsatz von Glyphosat, Neonicotinoiden und anderen chemisch-synthetischen Pestiziden über die Erarbeitung eines Reduktions- und Ausstiegspfads zu beenden und die Umstellung auf eine ökologische Bewirtschaftung gezielt zu fördern.
  5. Mit den Landwirtschaftsämtern wird eine vertiefte Beratung zur Verringerung des Einsatzes von Pestiziden sowie die Umstellung auf ökologische Bewirtschaftung unter Inanspruchnahme aller Förderprogramme des Landes und des Bundes vereinbart.
  6. Die Stadtverwaltung erstellt ein Anreizsystem für die Umstellung auf ökologische Bewirtschaftung auf der Grundlage der Ziele des Biostädtenetzwerks, dessen Mitglied sie ist (https://www.biostaedte.de/ueber-uns/ziele.html).

Sachverhalt/Begründung

Der Einsatz von Pestiziden in der industriellen Landwirtschaft ist eine der Hauptursachen für den Artenschwund bei Insekten und von Insekten lebenden Tieren. Im Mittelpunkt der Kritik stehen die Pflanzen- und Insektengifte Glyphosat und Neonicotinoide. Glyphosat gefährdet die menschliche Gesundheit, tötet Amphibien und entzieht Insekten die Nahrungsgrundlage. Von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) liegt eine neue Studie zur Risikoeinschätzung der drei Neonicotinoide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam vor. Sie belegt ein hohes Risiko für die Bienen. Deshalb sollte der Einsatz von Glyphosat und Neonicotinoiden zum Schutz von Honig- und Wildbienen, Hummeln sowie Schmetterlingen so schnell wie möglich verringert und beendet werden.

Die Stadt Karlsruhe gehört zu den rund 300 Kommunen in Deutschland, die auf ihren öffentlichen Grünflächen keine Pestizide einsetzen. Auf unserer Gemarkung gibt es auch eine vielfältige Kulturlandschaft mit Streuobstwiesen und landwirtschaftlichen Betrieben. Wir GRÜNE wollen diese gewachsene reizvolle Kulturlandschaft in unserer Stadt erhalten. Dies wird nur gelingen, wenn die Landwirt*innen dafür gewonnen werden, den Einsatz von Glyphosat und Neonicotinoiden zu reduzieren und schrittweise auf eine naturverträgliche und ökologische Wirtschaftsweise umzustellen.

Zunächst soll die Stadtverwaltung eruieren, wie hoch der Einsatz von Glyphosat und Neonicotinoiden auf den Äckern ist. Auf dieser Grundlage bietet es sich an, einen Arbeitskreis für die Entwicklung eines Reduktions- und Ausstiegspfads einzurichten. Dabei kann berücksichtigt werden, dass schon viele Landwirt*innen mit ersten Maßnahmen z.B. mit Lerchenfenstern und Ackerrandstreifen mit Wildblüten begonnen haben. Gleichzeitig ist ein Anreizsystem zur Unterstützung der Umstellung auf eine naturnahe und ökologische Bewirtschaftung unverzichtbar. Zur Förderung der ökologischen Landwirtschaft hat sich die Stadtverwaltung mit ihrem Beitritt zum Biostädtenetzwerk verpflichtet.

Angesichts des dramatischen Rückgangs bei Insekten halten wir es für notwendig, dass die Stadt bei ihren eigenen verpachteten Flächen mit dem Ausstieg aus den insektentötenden Ackergiften beginnt. In den künftigen Pachtverträgen soll deshalb verbindlich der Einsatz von Glyphosat und Neonicotinoiden untersagt und das Gebot der ökologisch ausgerichteten Bewirtschaftung aufgenommen werden. Dazu müssen die Pachtverträge aktualisiert werden. Im Sinne der Transparenz ist es wünschenswert, dass einmal im Jahr über die Entwicklung und Verfahrensweise der Verpachtungen im Umwelt-Ausschuss berichtet wird. Das hat das Liegenschaftsamt bereits 2013 auf eine Anfrage der GRÜNEN vom 19.11.2013 angeboten.

Die Umstellung auf naturnahe Bewirtschaftung lohnt sich, denn die Nachfrage nach ökologisch und regional produzierten Lebensmitteln einschließlich ihrer Direktvermarktung steigt immer schneller an. Auch die Landesregierung setzt starke Anreize mit ihrem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT). Ergänzend dazu wurde gerade ein 30 Millionen Euro Sonderprogramm für Biodiversität aufgelegt, von dem auch die Karlsruher Landwirtschaft profitieren kann( https://mlr.baden-wuerttemberg.de/de/unsere-themen/landwirtschaft/umweltvertraeglicher-pflanzenbau/).

Info: Im Liegenschaftskataster für den Stadtkreis sind 3.922 ha mit der Bezeichnung „Nutzung Landwirtschaftsflächen“ ausgewiesen. Insgesamt sind durch die Stadt Karlsruhe und die Ortsverwaltungen 704 ha Flächen zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet, davon 89 an auswärtige Landwirt*innen. Insgesamt gibt es 48 Bauernhöfe in unserer Stadt, darunter sind zwölf konventionelle und zwei ökologische Haupterwerbsbetriebe. Die übrigen sind Nebenerwerbsbetriebe; davon arbeiten 36 konventionell und fünf ökologisch.

Unterzeichnet von:

Renate Rastätter, Johannes Honné, Dr. Ute Leidig, Verena Anlauf

Stellungnahme der Stadtverwaltung für die Gemeinderatssitzung am 15.05.2018

Aus der Gemeinderatssitzung vom 15.05.2018:

Die Stadtverwaltung unterstützt zwar grundsätzlich unsere Ziele, lehnt aber eine verbindliche Festlegung eines Pestizidverbots auf städtischen Pachtflächen ab. Ein Arbeitskreis wird aber eingerichtet. Die anderen Fraktionen sahen weiteren Vorberatungsbedarf; im Ausschuss für Umwelt und Gesundheit wird es zu diesem Thema nun eine fachliche Vorberatung geben.

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