Gedenkort für die Opfer der nationalsozialistischen Militärjustiz/ Deserteurdenkmal in Karlsruhe sichtbarer machen

Antrag – zur öffentlichen Vorberatung im Kulturausschuss

  1. Die Stadtverwaltung tritt mit der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) und mit den weiteren im Friedensbündnis Karlsruhe vertretenen Gruppierungen in Kontakt. Sie führt Gespräche über das bereits existierende Karlsruher Deserteurdenkmal u. a. mit dem Ziel, einen zentraleren Aufstellort mit mehr Sichtbarkeit für das Mahnmal zu finden.
  2. Die Stadtverwaltung nimmt das Deserteurdenkmal in den „Leitfaden zur Erinnerungskultur im öffentlichen Raum in Karlsruhe“ auf.
  3. Die Stadtverwaltung initiiert eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Themenkomplexes „Karlsruher Opfer der nationalsozialistischen Militärjustiz“ durch das Kulturamt und in Zusammenarbeit mit der DFG-VK.

Begründung/Sachverhalt

Im Kontext der Nachrüstungsdebatte und Friedensbewegung kam zu Beginn der 1980er Jahre in einigen Städten, darunter auch in Karlsruhe, die Forderung nach der Errichtung von Denkmälern für Deserteur*innen auf. Das war konträr zu der bisherigen Sichtweise auf Deserteur*innen: Bis dahin wurden sie in der Öffentlichkeit als Feiglinge und Drückeberger*innen betrachtet. Im Kontext der damaligen Diskussionen wurde schließlich im Jahre 1990 in Karlsruhe durch ein breites bürgerschaftliches Engagement ein Deserteurdenkmal errichtet, um an all jene Menschen erinnern zu können, die sich den Kriegen verweigert haben.

Da die Stadt Karlsruhe seiner Zeit nicht bereit war, dafür öffentlichen Raum zur Verfügung zu stellen, wurde das Denkmal im Gewerbehof aufgestellt. Bedingt durch die räumliche Situation vor Ort – das Wurzelwerk eines Baumes bedroht den bestehenden Standort – kann das Denkmal dort nicht länger stehen bleiben. Es ist zeitnah eine Entscheidung über den weiteren Verbleib zu fällen.

Am 17. Mai 2002 beschloss der Deutsche Bundestag die Aufhebung aller nationalsozialistischen Unrechtsurteile gegen Kriegsdienstverweigerer*innen, Deserteur*innen und „Wehrkraftzersetzer*innen“. Damit wurden diese Opfergruppen der NS-Unrechtsjustiz gesetzlich rehabilitiert. Im Jahr 2009, 64 Jahre nach Kriegsende, hat der Bundestag dann auch endlich die sogenannten Kriegsverräter*innen der Wehrmacht rehabilitiert.

Das Deserteurdenkmal soll nach Ansicht der Grünen-Gemeinderatsfraktion und auf Wunsch der DFG-VK aus einem Hinterhof an eine zentrale Stelle in der Stadt Karlsruhe versetzt werden. Damit könnte dem Wunsch nach einem angemessenen Gedenken an die Opfer Rechnung getragen werden, die ein Zeichen gegen den Krieg gesetzt haben und dafür hingerichtet wurden. Hierzu sollte mit der DFG-VK und weiteren Gruppierungen im Friedensbündnis Karlsruhe ein geeigneter Standort bestimmt werden.

Der Leitfaden zur Erinnerungskultur im öffentlichen Raum in Karlsruhe dient als Grundlage u. a. für die Erinnerung an besondere Ereignisse in Karlsruhe im öffentlichen Raum. Der Leitfaden trägt damit ausdrücklich zur dauerhaften Vermittlung des kulturellen und historischen Erbes im täglichen Lebensumfeld der Bürger*innen bei. Das Deserteurdenkmal ist hierbei als ein Beispiel für ein breites bürgerschaftliches Engagement zu benennen.

Die Geschichte der Militärjustiz während des Nationalsozialismus in Karlsruhe spielt in der Erinnerungskultur der Stadt bisher kaum eine Rolle. Um auch diese Karlsruher Opfer im Geschichtsbewusstsein zu rehabilitieren, bedarf es zunächst einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema. Darum fordert die Grünen-Fraktion mit diesem Antrag, dass unter Federführung des Kulturamtes und in Zusammenarbeit mit der DFG-VK eine Aufarbeitung des Themenkomplexes initiiert wird.

Unterzeichnet von:

Michael Borner, Jorinda Fahringer, Renate Rastätter, Christine Weber,
Benjamin Bauer, Verena Anlauf, Dr. Iris Sardarabady, Niko Riebel

Der Antrag wurde am 17.03.2023 im Kulturausschuss behandelt:
Wir erhielten nach ausführlicher Diskussion im Kulturausschuss die Zusage, dass die Stadtverwaltung das Deserteurdenkmal im Leitfaden für Erinnerungskultur als Beispiel für bürgerschaftliches Engagement aufführen wird.

Verwandte Artikel