Gedenkarbeit. Mahnung. Erinnerung.

Beitrag für die Stadtzeitung von Michael Borner

Der Grünen-Fraktion ist die Erinnerungskultur und die Pflege des kulturellen Erbes der Stadt Karlsruhe, welche wir in den letzten Jahren vielfach gefordert und gefördert haben, ein wichtiges Anliegen. An dieser Stelle möchten wir einen Einblick in unsere Aktivitäten geben und identifizieren weitere gedenkwürdige Anliegen:

Straßenkommentierungen

Leider sind heute immer noch Straßen nach Personen benannt, die diskriminierende, nationalistische oder antisemitische Äußerungen von sich gegeben haben. Als Minimallösung haben sich seinerzeit der Gemeinderat und die Verwaltung dazu entschieden, diese Straßen zumindest kritisch zu kommentieren. Vielleicht hätten wir bei manchen Straßen, wie z. B. Wissmann, Treitschke oder Lüderitz mutiger sein sollen, diese Straßen gleich komplett umzubenennen.

Kriegsdenkmäler

Auch in Karlsruhe wird an mehreren Kriegsdenkmälern der Tod der Kriegsopfer glorifiziert, um ihnen dadurch scheinbar einen „Sinn“ zu geben. Wir konnten erreichen, dass das Kriegerdenkmal in Mühlburg und demnächst das Reiterdenkmal am Mühlburger Tor kommentiert und ihre historischen Inschriften dadurch hinterfragt werden. Weitere werden folgen.

Hauptfriedhof

Mit dem Antrag auf Einführung eines Informations- und Leitsystems haben wir erreicht, dass der Hauptfriedhof verstärkt als Kulturstätte sichtbar wird. Noch sind nicht alle Arbeiten an diesem Projekt abgeschlossen.
Auf dem dortigen Jüdischen Friedhof wurde die Gedenktafel der Stadt Karlsruhe aus den 1950er Jahren für die Zwangsarbeiter*innen um eine historisch korrekte Kommentierung ergänzt. Denn entgegen der Inschrift auf der Gedenktafel wurden die meisten Opfer nicht durch Luftangriffe getötet, sondern kamen in Arbeitslagern ums Leben oder wurden auf der Flucht erschossen.

Industrielles Erbe

Durch unsere Initiativen haben wir am Hauptfriedhof die ehemalige Wartehalle der Karlsruher Lokalbahn, im Volksmund „das Lobberle“ genannt, in ihrer ehemaligen Funktion stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt.
Wir haben uns erfolgreich für die Restauration des damals in sehr schlechtem Zustand befindlichen gusseisernen Wetterhäuschens am Mühlburger Tor eingesetzt. Leider konnte die Funktionalität mit den entsprechenden Messgeräten nicht wiederhergestellt werden.

Ausblick

Am 20. Mai 1940 wurden während der Maideportationen ca. 200 Sinti und Roma aus Karlsruhe nach Polen deportiert. Bedauerlicherweise hat die Stadt Karlsruhe trotz unserer Bemühungen bis heute kein würdiges Gedenken an die Ereignisse umgesetzt. Hier braucht es endlich ein sichtbares Zeichen – auch in Karlsruhe.
Wir möchten mit einer Stele an den deutschlandweit schwersten Luftangriff im 1. Weltkrieg gedenken. Auf dem damaligen Festplatz, dem jetzigen Gelände des Badischen Staatstheaters, wurden beim Angriff auf den dort gastierenden Zirkus Hagenbeck 120 Personen, darunter 71 Kinder getötet. Wir haben uns bereits mit einem Brief an die Stadtverwaltung gewandt, damit bei den weiteren Planungen zur Neugestaltung des Theatervorplatzes dieser Aspekt berücksichtigt wird.

Uns Grünen ist bewusst, dass Erinnerungsarbeit und Gedenkkultur niemals abgeschlossen sind.
So bedarf es noch weiterer Aufklärung bei den Themen Zwangsarbeit oder Kolonialismus in Karlsruhe.

Wir hören Ihnen gerne interessiert zu, wenn Sie uns auf weitere Themen hinweisen.

Michael Borner

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